Der kleine Ort Weberin zwischen Crivitz und Schwerin erfreut sich bei Feinschmeckern mittlerweile großer Beliebtheit. Hier servieren Ed Schütze und seine Frau Ulrike äußerst ausgefallene Tortenkreationen – mit jeder Menge Unterhaltung.
Von Manuela Heberer
„Wir haben geschlossen“, schallt es in holländischem Akzent. „Tut mir leid, aber die haben alle Torten aufgegessen“, fügt Ed Schütze lächelnd hinzu und deutet auf seine Gäste, die gemütlich um einen massiven Holztisch auf der Veranda vor seinem Café Naschwerk sitzen. Der Name ist Programm. Und Programm ist auch die unverwechselbare Art des Gastgebers. „Viele Gäste kommen nur wegen Ed“, erzählt Gitti. Die Rentnerin arbeitet seit knapp zwei Jahren in dem kleinen Café im Naturpark Sternberger Seenland. Für sie ist der Ort wie ein Zuhause und Ed mittlerweile mehr Freund als Chef. Als solchen sieht er sich ohnehin selbst nicht gern. Eher als Rad in einem funktionierenden Team. „Für mich zählt nicht der Kopf, sondern das Herz“, verrät der 57-Jährige. Das sei ihm viel wichtiger als straffe Hierarchien.
Mit viel Herz kreiert er auch das kostbarste Gut seines Cafés – Torten. Ob Rosen-Litschi, Erdbeer-Basilikum oder Schokoladen-Erdnuss-Chili-Banane – Eds Fantasie ist ungebremst. Wo er seine Ideen hernimmt, kann Ed gar nicht so genau sagen. Oft lässt er sich von dem inspirieren, was die Natur gerade hergibt. Mal wandelt er bekannte Rezepte ab. Manchmal steckt auch einfach nur der Zufall dahinter. So kaufte er einmal Haselnusskerne statt Mandeln für seine Cantuccini. „Verfeinert mit Schokolade ist dieser Teig auch der perfekte Boden für meine Rosen-Litschi-Torte“, verrät Ed. Immer wieder probiert er neues aus, wandelt ab, kreiert und experimentiert. Dabei ist der gebürtige Holländer nur durch Zufall zum Backen gekommen.
Eigentlich sind Ed und seine Frau Ulrike aus der Großstadt Hamburg in das mecklenburgische Dorf gezogen, um Ruhe in ihr Leben zu bringen. Ed wollte Holz bearbeiten, Ulrike malen. Dass es anders kam, haben sie den vielen Ausflüglern zu verdanken, die immer wieder an die Türen des ehemaligen Waldcafés geklopft und nach Kaffee und Kuchen gefragt haben. Warum also nicht backen, sagten sich die beiden, strickten ein Konzept und eröffneten ihr kleines Naschwerk. Samstags und sonntags bedienen sie nun ihre Gäste. An den anderen Tagen wird eingekauft und gebacken, am liebsten mit regionalen Produkten in Bio-Qualität. Im Winter bleibt mehr Zeit für Ulrikes Gesichtsschule in Berlin. Dort gibt sie Seminare und entwickelt eigenes MakeUp.
Die Schminke brachte die beiden auch zusammen. Ed, der mit bürgerlichem Namen Ernst Hendrik Schütze heißt, war damals Maskenbildner in Holland. Ulrikes Firma hat das MakeUp geliefert. Zwanzig Jahre ist das nun bald her. Seitdem leben sie zusammen in Deutschland. Fast sieben davon in Weberin in ihrem Haus am See. Mit ihren beiden Windhunden Rosie und Vanilla genießen sie das Landleben. Wenn Zeit bleibt, modelliert Ed Gefäße aus Birkenholz oder organisiert Ausstellungen im Café. Immer öfter backt er auch Torten auf Bestellung.
Über zwanzig verschiedene Rezepte hat Ed im Programm. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Besonders beliebt sind Schokoladen-Ingwer-Orangen-Torte und Mon-Chou-Torte mit Blaubeeren und Frischkäse. Wer keine Lust auf Süßes hat, kann auch herzhaft genießen. So gibt es auch Mozzarella-Frischkäse-Pumpernickel-Torte und manchmal sogar Rotkohl-Apfelkuchen. Der aktuelle Renner sei Blutwursttorte, erzählt Ed. „Was nicht schmeckt, muss auch nicht bezahlt werden“, fügt er nach einer kurzen Pause hinzu. Das sei bis jetzt aber noch nicht vorgekommen.
Wie viele Torten an einem Wochenende über die Theke gehen, will Ed nicht verraten. Nur so viel: Übrig bleibt nichts. „Das würde mir wirklich ans Herz gehen, wenn ich Torten wegschmeißen müsste“, sagt Ed. Besonders der Apfelkuchen nach Rezept seiner, „Edjes“, Mama ist so aufwendig, dass Ed lieber verschenkt als vernichtet. Ob Klinik, Kinder- oder Altenheim – Ed bringt immer mal wieder eine Torte vorbei. Und natürlich bleibt auch für Gäste, die wie heute außerhalb der Öffnungszeiten bei Ed vorbeischauen, fast immer ein Stück Torte übrig.
„Manchmal komme ich gar nicht zum Arbeiten“, sagt Ed. „Dann ist es fast wie in einem öffentlichen Wohnzimmer.“ Aber das ist es, was das Naschwerk ausmacht. Die Gäste fühlen sich bei Ed wohl, fast wie zu Hause, lieben seine leckeren Torten und seinen scheinbar unerschöpflichen Humor. Viele Freundschaften haben sich hier schon entwickelt und manchmal haben sich Freunde auch nach vielen Jahren in Eds Café wiedergetroffen. Und Ed? „Ich bin endlich zu Hause angekommen“, sagt er. und verrät einen langgehegten Wunsch: „Mit einem Lottogewinn könnte ich endlich die winzige Küche erweitern und noch mehr für meine Gäste tun.“
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